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Im Auge des Sturms

Nordwind. Tosend wirf sich die Ostsee an die Mauer aus Steinen, alles ist ihr zu eng geworden. Der Strand, der unterste Absatz der Treppen zum Strand, alles ist nun wildes, schreiendes Wasser. Brüllender Sturm, der am Horizont erst Wellen aus dunkelblauem Wasser auftürmt, die dann ins Tiefgrüne wechseln, um schließlich fast dunkelgrau ans Ufer geschleudert zu werden. Darüber schweben schweigend die Möwen, hochkonzentriert, so still, als gäbe es all das Chaos unter ihnen nicht. Mit vollständig ausgebreiteten Schwingen stehen sie fast reglos in der Luft, nur der Kopf verrät, wie sie unablässig beobachten, welche Schätze das Meer in seinen Fluten heranträgt. Absolut im Moment, den perfekten Augenblick erfühlend um herabzustoßen und den Leckerbissen genau in der Sekunde zu greifen, wenn das Wasser kurz zurückweicht. Keine Bewegung zuviel, Kraft der Flügel bietet keinen Vorteil, nur ungeteilter Fokus, Einspüren in den rasant wechselnden Wind. Die Waghalsigen, Unerfahrenen werden von Böen erfasst, können sich gerade so vor der Kollision mit den Steinen retten.

 

Einige jagen nicht, wirken wie schlafend in der Luft. Die Füße ineinandergelegt, dicht am Körper, wie Hände in der Meditation. Wie fühlt sich wohl Erleuchtung für Möwen an? Fast unerträgliche Gegensätze, der unfassbare Lärm der Wellen, die sonst so lauten Möwen als fliegende Ruhepole darüber. Fragile zerbrechliche Wesen inmitten der rohen, urtümlichen Kraft der Elemente, so klein und doch mutig genug, auf den Wellen, den Luftströmungen mitzufließen, dem Chaos die perfekte Stille entgegenzusetzen.

 

Ich beobachte den Tanz der Jäger mit dem Meer und die tief in die Stille versunkenen Mönche. Jedes meiner Geräusche geht im Tumult des Meeres unter, fast bringt mich der Wind ins Taumeln. Zögernd breite ich die Arme aus und lehne mich in den Sturm.

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