Der Wind des Abenteuers weht mir ins Gesicht, ganz unerwartet. Lange nicht den Geruch nach Weite, Überraschung und ein bisschen Gefahr in der Nase gehabt. Damals in Indien, wo sie gelacht haben, dass ich einen Helm möchte... wegen der Versicherung und so. Und nun hier, notorischer Wiederholungstäter, diesmal mit mehr PS, brausen wir durch den kleinen Ostseeort. „Oh Gott, was mache ich hier nur?!“ Heimlich genieße ich den unerwarteten Adrenalinschub, den Fahrtwind, der alle alten überholten Gedanken im Kopf durchlüftet, den Funken der Lebensfreude anfacht, der im Alltag so oft nur noch ein bisschen vor sich hinglimmt. Und das, wo ich heute im Unterholz an der Steilküste fast schon dachte, das wär’s jetzt – mitten in einem Gewitter, das über mir Richtung Meer zog, beeindruckende Blitze, lautes Grummeln.
Zusammengekauert, Hagel und Regen prasseln auf meinen Rücken, hoffe ich, dass die Blitze lieber im Meer einschlagen als der einsamen Wanderin einen Schrecken einzujagen. Was für eine Naturgewalt tobt sich da genau über mir aus! Ich halte den Atem an, zähle zwischen Blitz und Donner, die Füße werden vom ungewohnt langen Hocken taub. Es wird allmählich leiser, das Zentrum des Unwetters ist nun aufs Meer weitergezogen. Hinter mir beobachtet die Sonne aus einem Wolkenloch das Spektakel und zaubert einen riesigen Regenbogen dazu. Ich klettere aus meinem Versteck, strecke mich, das Wasser tropft aus dem Mantel und langsam folge ich dem Gewitter, erleichtert, um eine Erfahrung reicher, ein bisschen verrrückt lachend, dankbar. Auf halbem Weg aufgesammelt von Freunden auf Motorradausflug.
Fast surreal erscheint alles, später, bei Tee und Suppe im Trockenen, tropfende Kleidung als Beweis, dass all dies nicht geträumt war. Austausch von Beobachtungen des Gewitters aus zwei Blickwinkeln, unerwartete Gemeinsamkeit, verschmitztes Lachen über die Rettungsaktion auf 2 Rädern. Beim Abschied ein mystisch-roter Abendhimmel, lange nicht mehr so lebendig gewesen.
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